26/ 27.05.2022: Witiker Backyard Ultra

26/ 27.05.2022: Witiker Backyard Ultra

Ein Backyard Ultra ist ein sehr spezielles Format. Für eine Runde von 6.7 km hat man genau eine Stunde Zeit. Wer später ankommt, scheidet aus. Gewonnen hat der „letzte Überlebende“. Man tritt also immer und immer wieder nach einer Stunde an die Startlinie und macht sich auf den Weg. Und je nachdem, wie schnell man ist, kann man zwischen den Runden noch 15min verschnaufen oder muss gleich wieder los. Beides habe ich erlebt. Die ersten 10 Runden war ich schneller als 50min. Runde 14 absolvierte ich dann in 57min 25sec und kam an, als sich die Läufer gerade zum nächsten Start versammelten.

Umso erschöpfter man wird, umso näher kommt man auf der relativ höhenmeterreichen Strecke (jede Runde hat 126 Hm) ans Zeitlimit. Temporäres Marschieren ist ok aber wer zuviel marschiert, scheidet aus. Eine ganz besondere mentale Herausforderung.

Ab Km 30 hatte ich immer wieder mit extremer Übelkeit zu kämpfen. Meinem Bewegungsapparat ging es aber blendend. Die Probleme mit „schweren Beinen“ waren ab km 50 weg. Aber Schwäche und Übelkeit nahmen immer mehr zu. Obwohl das Angebot an den Verpflegungstischen wirklich keine Wünsche offen liess (es gab gefühlt hundert verschiedene Sachen wie Früchte, Salzstangen, Käse, Brot oder Toast mit wechselnden Aufstrichen, Schoggi, Gummibärli u. v. m. und alle paar Stunden wurden für Läufer und Helfer richtige warme Mahlzeiten gekocht), mochte ich schon nach 4 Runden fast nichts zu mir nehmen ausser Cola oder Gels. Als ich mich nach Runde 13 (87 km) zum Essen von einem Löffel Nudeln zwang, musste ich mich kurz vorm Startsignal übergeben (startete dann aber trotzdem auf Runde 14).

Nach Runde 14 stand für mich fest, ich starte in die nächste Runde und mache die 100km voll, mache das aber marschierend. Mehr war in meinem desolaten Zustand nicht mehr möglich. Für das Abwandern der 6.7 Kilometer früh um 3 mit 94 km in den Beinen und mit nichts im Magen ausser Cola brauchte ich dann nochmal meine ganze mentale Kraft. Der 3. Witiker Backyard Ultra endete für mich so am frühen Morgen des 27.05.2022 und 4 Uhr konnte ich den Start von 33 Läufern in die 17. Runde mitverfolgen. Unglaublich, dass der, der am Ende übrigblieb, zu diesem Zeitpunkt nicht einmal „Halbzeit“ hatte. Mit 34 Runden und 227 km siegte 18 Stunden später Nima Javaheri. Was für eine unglaubliche Leistung.

Es bringt aber nicht viel, sich mit den Spitzenathleten zu vergleichen. Jeder gibt hier sein Bestes und versucht, mental über Grenzen hinauszugehen. Das habe ich gemacht und schaffte es im Kreise dieser krassen Ultralauf-Community am Ende auf Platz 29 von 64. Mit den erreichten 100.6 km bin ich rundum glücklich.

Und eines steht fest: ohne meine tolle Crew (Valentin), die mich nach jeder Runde umsorgt und mir gut zugeredet hat, wär ich nicht so weit gekommen.

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